Gewissenlose Durchsetzung der Abschiebung einer Flüchtlingsfamilie
Pressemitteilung
München, 22.06.05
Gewissenlose Durchsetzung der Abschiebung einer Flüchtlingsfamilie
Familiendrama in Zirndorf wird auf die Spitze getrieben



Am 9. Juni wurde Aziz Avdija, Vater von vier minderjährigen Kindern bei einer
Vorladung der Zentralen Rückführungsstelle Zirndorf (ZRS) vor den Augen seiner
schwer traumatisierten Ehefrau verhaftet und in Handschellen ins Gefängnis
nach Nürnberg gebracht. Er wurde als "Pfand" für die geplante Rückschiebung
der sechsköpfigen Ashkali-Familie aus dem Kosovo nach Slowenien in
Sicherungshaft genommen.

Die psychisch angeschlagene Ehefrau und Mutter Eljheme Avdija unternahm in
ihrer Verzweiflung und dem Wiederaufbrechen der psychischen Vorerkrankung
einen Suizidversuch vor den Augen ihrer vier Kinder. Nur durch schnelles
Eingreifen von Nachbarn konnte die Frau von ihrem Vorhaben abgehalten werden.
Sie wurde daraufhin in das Bezirksklinikum Erlangen eingewiesen, wo sie heute
noch ist. Die von der Verfolgung herrührende posttraumatische
Belastungsstörung, die ihr in Deutschland attestiert worden war, blieb bei den
Behörden unberücksichtigt.
Die vier Kinder, Lumturije (9 Jahre), Florim (11 Jahre), Idriz (14 Jahre) und
Zehnepe (16 Jahre) müssen seitdem ohne ihre Eltern auskommen, und das in einer
fremden Umgebung und ohne Sprachkenntnisse. Die Zentrale Rückführungsstelle
Nordbayern, die bereits den Vater ins Gefängnis gebracht hatte, verfügte zwei
Tage nach dem Suizidversuch der Mutter über das Jugendamt die Einweisung der
vier Geschwister in ein Heim in Nürnberg.

Ist das bisherige Verhalten der Behörden, eine Familie ohne Rücksicht auf die
soziale und psychische Situation zu trennen, schon skandalös zu nennen, wird
dies durch die aktuelle Entwicklung in den Schatten gestellt.
Da Frau Avdija nicht, wie von der ZRS zunächst angenommen, heute aus dem
Bezirkskrankenhaus entlassen wurde und dann mit Ehemann und Kindern
abgeschoben werden konnte, soll morgen der Ehemann allein nach Slowenien
abgeschoben werden.
Entschieden hat dies Herr Peter Meißner, der Leiter der Zentralen
Rückführungsstelle Nordbayern. Der Vater ist bereits auf dem Weg nach München,
von wo er morgen abfliegen soll. Er wird ohne Kleidung, Habseligkeiten oder
Geld den Flug antreten. Alle seine persönlichen Sachen sind noch in der
Zentralen Aufnahmeeinrichtung (ZAE) in Zirndorf.

Die Ehefrau und Mutter, Eljheme Avdija (39), befindet sich noch zur Behandlung
im BKH Erlangen. Die behandelnde Ärztin kann Frau Avdija ohne Begleitung, d.h.
ohne ihren Ehemann, nicht entlassen. Ihre psychischer Zustand ist instabil und
wird sich voraussichtlich durch die Abschiebung des Ehemanns wieder
verschlechtern.
Hauptleidtragende sind aber die vier Kinder, die bereits seit 1 ½ Wochen ohne
ihre Eltern in der Clearingstelle in Nürnberg untergebracht sind. Sie werden
jetzt ihres Vaters beraubt und bleiben mit ihrer schwer erkrankten Mutter
allein zurück.

Der Bayerische Flüchtlingsrat kritisiert aufs Schärfste die Abschiebung Herrn
Avdijas zum jetzigen Zeitpunkt. "Die Behördenpraxis zeugt vom Fehlen jeglichen
Augenmaßes und ist Beispiel für eine besonders rohe Durchsetzung der
Staatsgewalt unter Verletzung elementarster menschlicher Werte. Wir fordern
die Zentrale Rückführungsstelle auf, den Abschiebeversuch unverzüglich
abzubrechen und den Vater aus der Abschiebehaft zu entlassen. Das Bundesamt
für Migration und Flüchtlinge muss der Familie angesichts dessen, was sie
bislang durchgemacht hat, das Betreiben ihres Asylverfahrens in der
Bundesrepublik gestatten", meint Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen
Flüchtlingsrats.

Erwin Bartsch, Religionspädagoge der Evang.-Luth. Kirchengemeinde St. Rochus
in Zirndorf, sagt dazu:
"Die jetzige Familientrennung und die seelischen Verletzungen, die den Kindern
und der Ehefrau zugefügt werden, hat die Regierung von Mittelfranken und der
Leiter der ZRS Nordbayern, Herr Peter Meißner, ganz zu verantworten. Die
Zwangsabschiebung des Vaters jetzt zeigt den Verlust jeglicher Humanität und
christlicher Werte. Dem muss sich mit aller Kraft entgegengestellt werden, um
diesen Wahnsinn zu stoppen."

Für Rückfragen und weitere Informationen, auch zur Situation in Slowenien und
im Kosovo, stehen wir gern zur Verfügung,



Erwin Bartsch, Religionspädagoge, Tel. 0163 6093360
und Stephan Dünnwald, Bayerischer Flüchtlingsrat, Tel. 089 76 22 34


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Bayerischer Flüchtlingsrat
Geschäftsstelle
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