Presseerklärung vom 18. September 2008
PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.

Presseerklärung
18. September 2008

Flughafenasylverfahren: Verfassungsbeschwerde erfolgreich
Bundesverfassungsgericht stoppt Zurückweisung eines Tamilen im Eilverfahren
Presseerklärung vom 18. September 2008

PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.



Presseerklärung

18. September 2008


Flughafenasylverfahren: Verfassungsbeschwerde erfolgreich
Bundesverfassungsgericht stoppt Zurückweisung eines Tamilen im Eilverfahren


Die 3. Kammer des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts hat am 3. September 2008 der Bundespolizeidirektion am Flughafen Frankfurt am Main in einem Eilverfahren vorläufig untersagt, einen Tamilen nach Sri Lanka zurückzuweisen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Flughafenasylverfahren in der Regel nicht in Betracht, wie das Gericht selbst betont. Dennoch hat das Bundesverfassungsgericht sich jetzt zum zweiten Mal binnen weniger Monate veranlasst gesehen, zum Schutz eines Flüchtlings einzugreifen. Treffe man keine einstweilige Anordnung, so das Bundesverfassungsgericht, könnten möglicherweise schwerwiegende Folgen für Leib und Leben nicht mehr verhindert oder rückgängig gemacht werden.



Nach dem Erfolg der von PRO ASYL aus seinem Rechtshilfefonds unterstützten Verfassungsbeschwerde zeigt sich die Organisation erleichtert. Im Falle einer Zurückweisung aus dem Transit des Frankfurter Flughafens nach Sri Lanka hätte ein erhebliches Risiko bestanden, dass der betroffene Tamile sofort auf dem Flughafen Colombo in Haft geraten oder gefoltert worden wäre. Dieses Risiko sieht auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einer jüngst ergangenen Entscheidung.



Bis zur Entscheidung über seine Verfassungsbeschwerde saß der Tamile wochenlang in Haft. Selbst nach dem Erfolg der Verfassungsbeschwerde sah sich die Bundespolizei nicht veranlasst, die Einreise zu erlauben. Erst der Beschluss eines Haftrichters führte dazu, dass der Tamile inzwischen zur Weiterführung seines Verfahrens ins Inland einreisen durfte.



Vorangegangen war der Verfassungsbeschwerde ein extrem unfaires und unqualifiziertes Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dessen Mängel auch vom zuständigen Verwaltungsgericht nicht korrigiert worden waren. Im Gegenteil: Nachdem die eingeschaltete Rechtsanwältin eine Vielzahl von Belegen für die Verfolgungsgeschichte beigebracht hatte, wechselte das Verwaltungsgericht einfach die Argumentation aus und hielt das jetzt nicht mehr für entscheidungserheblich. Gerade dies kritisiert das Bundesverfassungsgericht. Wenn es ?an der im Kern übereinstimmenden Grundlage für die Entscheidung von Bundesamt und Verwaltungsgericht fehlt, weil im verwaltungsgerichtlichen Verfahren andere Umstände im Mittelpunkt der Erwägungen stehen als vor dem Bundesamt, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht von vornherein ausgeschlossen.? Im vorliegenden Fall müsse genauer geprüft werden, ob das Verwaltungsgericht den Anforderungen an die Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Artikel 19 Absatz 4 GG) gerecht geworden sei.



Nach Ansicht von PRO ASYL belegt der Fall, dass im Flughafenverfahren Anhörungen nicht mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt werden und eine bundesamtsinterne Qualitätskontrolle offensichtlich nicht existiert. Auch die Verwaltungsgerichte werden häufig ihrer Verpflichtung, die Richtigkeit der Bundesamtsentscheidung zu überprüfen, nicht gerecht.



gez. Bernd Mesovic

Referent


Anhang:
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