Press Netzeitung.de
http://www.netzeitung.de/politik/ausland/1060519.html
Tagesthema Weltflüchtlingstag:

Eine Stimme gegen kalte Ignoranz
20. Jun 10:25
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Tagesthema Weltflüchtlingstag:

Eine Stimme gegen kalte Ignoranz
20. Jun 10:25

«Das Schlimmste ist, dass wir nicht wie Menschen behandelt werden»,
beklagt der Nigerianer Igbinoba. Mit seiner Organisation «The Voice
Refugee Forum» kämpft er seit Jahren gegen den unwürdigen Umgang der
deutschen Behörden mit Asylanten, berichtet Michaela Duhr.

In einer alten Militärkaserne, tief im thüringischen Wald, hat sich Osaren
Igbinoba vor 14 Jahren wiedergefunden. «Wir waren völlig isoliert und
mussten jeden Tag zuschauen, wie einer von uns von der Polizei abgeholt
und abgeschoben wurde«, erinnert sich der afrikanische Flüchtling im
Gespräch mit der Netzeitung an seine Zeit in dem abgelegenen
Flüchtlingsheim in der Nähe von Mühlhausen.

Schockiert von dem menschenunwürdigen und ignoranten Umgang der deutschen
Behörden mit Asylanten, rief der Nigerianer zusammen mit vier weiteren
Flüchtlingen 1994 die Organisation «The Voice Refugee Forum» ins Leben.
Das in Jena angesiedelte Netzwerk ist eines der wenigen in Deutschland, in
denen sich Flüchtlinge selbst organisieren und für ihre Rechte kämpfen.

Gefesselt an Händen und Füßen

Eines Nachts tauchte die Polizei schließlich im Heim auf, «um ihn zu
deportieren», wie Igbinoba erzählt. Doch die Bewohner des Asylantenheimes
machten Radau und stellten sich den Beamten in den Weg. Er nutzte die
Gelegenheit, sprang aus dem Fenster, floh in den Wald und versteckte sich
einige Tage. Als er sich später bei der zuständigen Behörde meldete, wurde
er verhaftet und für eine Nacht ins Gefängnis gesteckt – gefesselt an
Händen und Füßen.

Nach mehreren drohenden Abschiebungen ist er inzwischen als politischer
Asylant anerkannt. Anders als Tausende andere Flüchtlinge, sei er einer
der wenigen «Glücklichen», meint Igbinoba. Auch seine früheren Mitstreiter
wurden abgeschoben oder haben das Land freiwillig verlassen.

Aufruf zu zivilem Ungehorsam

Seit damals kämpft Igbinoba für die Rechte von Asylanten. «The Voice»
informiert über die schwierigen Lebensbedingungen von Flüchtlingen in
Deutschland und die Menschenrechtslage in ihren Heimatländern. «Wir geben
den Flüchtlingen eine Stimme, mit der sie sich gegen Misshandlungen,
Ausgrenzung und Isolation wehren können.» Das Netzwerk mache mit seinen
politischen Aktionen auf die Probleme aufmerksam und zeige vor allem die
Schwächen der europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik. Allerdings gehe
es nicht nur um die politische Arbeit. «'The Voice' ist auch eine
Gemeinschaft, wir tauschen Erfahrungen aus, helfen und unterstützen uns
gegenseitig.» Lebhaft erzählt er von Flüchtlingen, die er und seine Leute
vor der drohenden Abschiebung bewahren konnten. Aber es gebe viele, denen
sie nicht helfen konnten.

Die Organisation ruft Asylbewerber zu zivilem Ungehorsam auf, vor allem
hinsichtlich der so genannten Residenzpflicht. Nach Paragraf 56
Asylverfahrensgesetz dürfen sich Asylanten nämlich nur dort bewegen, wo
sie wohnen. Bei Verstößen drohen Bußgelder, im Wiederholungsfall sogar
Gefängnis. «Wir dürfen uns nicht frei bewegen. Wir können uns noch nicht
einmal rassistischen Übergriffen entziehen«, empört er sich und erinnert
an die Asylbewerberin Constance Etchu.

Die Afrikanerin wurde von Polizisten mit Gewalt von dem Flüchtlingslager
Jena-Forst in ein Asylbewerberheim in Gera gebracht. Sie hatte sich
geweigert, aus Angst vor der berüchtigten Naziszene in Gera. In der
ostdeutschen Stadt wagen sich Afrikaner aus Furcht vor Nazi-Attacken und
rassistischer Diskriminierung nicht allein auf die Straße. Der Fall hatte
im Februar 2002 für großes Aufsehen gesorgt. Die Residenzpflicht existiert
nur in Deutschland und ist damit in der EU einmalig.

Schließung von Flüchtlingslagern

«The Voice» kooperiert seit 1998 mit der Plattform «Karawane für die
Rechte der Flüchtlinge und Migranten». Zusammen kämpfen sie für die
Schließung von weit abgelegenen und heruntergekommenen Asylbewerberheimen.
So wurde die Erstaufnahmeeinrichtung Jena-Forst nach Demonstrationen und
Protesten Ende 2004 geschlossen. Jetzt kämpft die Organisation für die
Schließung des Lagers Katzhütte in Thüringen. Die desolaten Baracken
liegen tief im Wald, die nächste Stadt liegt 40 Autominuten entfernt.
Katzhütte selbst ist ein kleines Dorf mit zwei Kneipen und einem
Supermarkt. Die Kneipen seien allerdings nur für Deutsche, Ausländer seien
nicht willkommen, berichten Flüchtlinge aus Katzhütte.

Obwohl sich Igbinoba seit 14 Jahren unermüdlich für die Rechte von
Flüchtlingen einsetzt, hat sich nur wenig verändert: «Die Situation von
Flüchtlingen hat sich kaum verbessert», beklagt der Nigerianer. «Das
Schlimmste ist, dass wir nicht wie Menschen behandelt werden. Sie machen
mit uns, was sie wollen.»

http://thevoiceforum.org
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---------------------------- Original Message ----------------------------
Subject: Link zu Artikel über The Voice
From: "Duhr, Michaela" <Michaela.Duhr@netzeitung.de>
Date: Fri, June 20, 2008 1:50 pm
To: "'osaren@emdash.org'" <osaren@emdash.org>
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Hallo Herr Osaren Igbinoba,

nochmals vielen Dank für das Interview und die Bilder. Der Text wurde
bereits heute Morgen auf unserer Internetseite veröffentlicht.

Wie versprochen, sende ich Ihnen anbei den entsprechenden Link:
http://www.netzeitung.de/politik/ausland/1060519.html

Ich wünsche Ihnen und Ihren Mitstreitern weiterhin viel Erfolg und Kraft
für Ihren Kampf für die Rechte von Asylanten.

Mit freundlichen Grüßen

Michaela Duhr
Redaktion Politik und Wirtschaft
NZ Netzeitung GmbH

Karl-Liebknecht-Straße 29
10178 Berlin
Fax: 030-2327-6874
Telefon: 030-2327-6849

HRB 74583 - Amtsgericht Berlin Charlottenburg
Geschäftsführer: Dr. Robert Daubner

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