Presseerklärung
18. Januar 2008
"Internationale Liga für Menschenrechte" und PRO ASYL setzen Dessauer Prozessbeobachtung im neuen Jahr fort



Vor drei Jahren ist der Asylbewerber Oury Jalloh nach gewaltsamer Fixierung an allen Gliedmaßen in einer Dessauer Polizeizelle qualvoll verbrannt. Bis heute ist dieser tragische Tod eines Flüchtlings in Polizeigewahrsam nicht aufgeklärt -
Presseerklärung 18. Januar 2008



Internationale

Sektion der Fédération Internationale des

Ligues Droits de l'Homme, akkreditiert mit

B-Status bei UNO, Europarat und UNESCO

für Menschenrechte im Geiste von Carl von Ossietzky

PRO ASYL

Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.


Presseerklärung
18. Januar 2008
"Internationale Liga für Menschenrechte" und PRO ASYL setzen Dessauer Prozessbeobachtung im neuen Jahr fort



Vor drei Jahren ist der Asylbewerber Oury Jalloh nach gewaltsamer Fixierung an allen Gliedmaßen in einer Dessauer Polizeizelle qualvoll verbrannt. Bis heute ist dieser tragische Tod eines Flüchtlings in Polizeigewahrsam nicht aufgeklärt -

der Prozess gegen zwei Polizeibeamte wird demnächst fortgesetzt.


Die gerichtliche Aufarbeitung dieses international Aufsehen erregenden Falles wird nach wie vor von Bürgerrechtsgruppen beobachtet. Rechtsanwalt Dr. Rolf Gössner beobachtet den Prozess für die "In-ternationale Liga für Menschenrechte" und zugleich im Namen der Flüchtlingsorganisation PRO
ASYL.
Oury Jalloh, ein 36jähriger Bürgerkriegsflüchtling aus Sierra Leone, musste vor drei Jahren in einer deutschen Polizeizelle einen schrecklichen Tod erleiden. Eine mutmaßlich überflüssige Identitätsfest-stellung, ein unverhältnismäßiger Polizeigewahrsam, eine unmenschliche und lebensgefährliche To-talfixierung an Händen und Füßen, eine höchst nachlässige Beaufsichtigung und verzögerte Reaktio-nen auf den Feueralarm wurden ihm zum tödlichen Verhängnis. Weshalb, so fragen sich Prozessbe-obachter, wurde ein stark alkoholisierter Migrant wegen einer nichtigen Auffälligkeit von den Dessauer Polizisten so behandelt? Weil er sich gegen diese Behandlung wehrte? Weil er schwarz und fremd war? Was ist wirklich passiert? Wer trägt Schuld an diesem Tod? War es ein Unglücksfall, war es "Selbstmord", der hätte verhindert werden können, wovon die Staatsanwaltschaft ausgeht, oder gar "rassistisch motivierter Mord", wie einige antirassistische Gruppen argwöhnen? Fragen, die nach so langer Zeit - u.a. wegen anfänglicher Verfahrensverschleppung - möglicherweise nie vollständig be-antwortet werden können.

Seit Ende März letzten Jahres bemüht sich das Landgericht Dessau unter Vorsitz von Richter Man-fred Steinhoff mit einigem Nachdruck, Licht in diese Tragödie zu bringen. Angeklagt sind zwei Poli-zeibeamte, denen die Staatsanwaltschaft vorwirft, für den Verbrennungstod des Asylbewerbers Oury Jalloh im Polizeigewahrsam verantwortlich zu sein. Im neuen Jahr setzt das Gericht den Prozess fort und zwar ab 21.01. bis mindestens Mitte März 2008. Nach bislang 35 Verhandlungstagen sollen eine ganze Reihe weiterer Zeugen und Sachverständiger befragt werden. Erwartet werden etwa Zeugen-aussagen zum Brandschutt und zu dem ominösen Feuerzeug aus Jallohs rund herum gekachelter Todeszelle, mit dem er in gefesseltem Zustand eine feuerfeste Matratze in Brand gesteckt haben soll.

"Dieses Verfahren hat sich zu einem Mammutprozess ausgewachsen und erlebt nun seine letzte ent-scheidende Phase", konstatiert Liga-Präsident Rolf Gössner: "Dieser Fall eines unglaublichen Poli-zeiskandals und seine justizielle Aufarbeitung strotzen nur so vor Ungereimtheiten und Schlamperei-en, Gedächtnislücken und Lügen, Widersprüchen und Vertuschungen, verschwundenen oder ge-löschten Beweisstücken und unterlassenen Ermittlungen. Trotz aller widrigen Umstände geben sich Gericht, Staatsanwaltschaft und die Nebenklage-Vertreter erhebliche Mühe, diesen Fall dennoch auf-zuklären. Ob die Aufklärung gelingen wird, ist noch nicht ersichtlich".


gez. Bernd Mesovic gez. Dr. Rolf Gössner
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