PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.



Presseerklärung

22. Dezember 2007

Flüchtlingsfamilien an Weihnachten getrennt

PRO ASYL: Große Koalition der großen Kälte gegenüber Flüchtlingen
PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.



Presseerklärung

22. Dezember 2007


Flüchtlingsfamilien an Weihnachten getrennt

PRO ASYL: Große Koalition der großen Kälte gegenüber Flüchtlingen



Während in Deutschland Weihnachten traditionell als ?Fest der Familie? gefeiert wird, müssen viele Flüchtlinge und Migranten getrennt von ihrer Familie die Feiertage verbringen. Schuld ist eine Verschärfung des Zuwanderungsrechts vom August 2007, wonach im Ausland lebende ausländische Ehegatten erst nach bestandener Deutschprüfung zu ihren Partnern nach Deutschland nachziehen dürfen.

?Die große Koalition betreibt gegenüber Flüchtlingen eine Politik der großen Kälte?, so Marei Pelzer von PRO ASYL. Obwohl die Einwanderungs- und Flüchtlingszahlen in Deutschland auf einem historischen Tiefststand sind, treibt die große Koalition die Abschottung immer weiter voran.

Mit dem neuen Zuwanderungsrecht wollte die Bundesregierung angeblich Zwangsverheiratungen verhindern. Tatsächlich führen die geforderten Deutschtests im Herkunftsland jedoch dazu, dass Flüchtlingsfamilien über Jahre oder dauerhaft getrennt leben müssen. Diese neuen Hürden führen in der Praxis dazu, dass die Anforderungen an den Familiennachzug unüberwindbar hoch sind. PRO ASYL liegen zahlreiche Fälle vor:

· Von einer in Afghanistan lebenden Frau wird verlangt, dass sie zu einem Deutschtest in eine mehrere Hundert Kilometer entfernt gelegene Stadt fahren muss. Ansonsten darf sie nicht zu ihrem Ehemann nach Deutschland nachziehen. Angesichts des Wiedererstarkens der Taliban in weiten Teilen Afghanistans ist es für eine Frau schlicht nicht möglich, ohne ihren Ehemann zu reisen. Allein reisende Frauen laufen Gefahr, vergewaltigt, misshandelt oder entführt zu werden. Das verschärfte Zuwanderungsrecht sieht für solche Fälle keine Ausnahme vor.

· In einem anderen Fall geht es um eine afghanische Frau, die von ihrem in Deutschland lebenden Ehemann schwanger ist. Da der Ehemann Deutscher ist, wird das Kind ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Nach der Geburt wird die Afghanin als Mutter eines deutschen Kindes auch ohne Sprachtest nach Deutschland einreisen dürfen. Vor der Geburt wird der Nachzug jedoch mit dem Hinweis auf die fehlenden Sprachkenntnisse verwehrt. Diese Schikane hat fatale Folgen: Die Frau wird gezwungen, das Kind in Afghanistan zur Welt zu bringen. Damit wird das Leben und die Gesundheit des Kindes erheblich gefährdet. Afghanistan hat die höchste Kindersterblichkeitsrate der Welt. Ca. 17 % der Kinder sterben als Säuglinge. Dem Kind wird die medizinische Versorgung vorenthalten, die es in Deutschland problemlos bekäme.

· Ein in Deutschland lebender palästinensischer Flüchtling darf seine Frau aus dem Libanon nicht nachholen. Dies gilt, obwohl er mittlerweile deutscher Staatsbürger ist. Denn auch für Deutsche gilt die Verschärfung des Ehegattennachzugsrechts, wenn sie ausländische Staatsangehörige heiraten. Die Frau des eingebürgerten Palästinensers besucht im Libanon einen teuren Sprachkurs - mit mäßigem Erfolg. In Deutschland würde sie die Sprache sehr viel schneller lernen.

· Selbst Flüchtlingen aus Eritrea, die sich in die Obhut des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen im Sudan vor Verfolgung gerettet haben, werden keine Nachzugsvisa erteilt. Die deutsche Botschaft im Sudan weist Anträge mit der Begründung ab, die Botschaft in Kenia sei zuständig. De facto wird der Familiennachzug so unmöglich: Die eritreischen Flüchtlinge können nicht nach Kenia reisen, da sie nur Flüchtlingspässe und keine eritreischen Pässe haben. Ohne eritreischen Pass erhalten sie kein Visum für Kenia.



PRO ASYL hält die neuen Regelungen zum Ehegattennachzug für verfassungswidrig und wird die betroffenen Flüchtlingsfamilien bei ihren Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht unterstützen. ?Der Schutz von Ehe und Familie steht nicht nur auf dem Papier. Es handelt sich um ein Grund- und Menschenrecht, das auch für Flüchtlinge gilt?, sagte Marei Pelzer.





gez. Marei Pelzer

Referentin







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mp@proasyl.de

(Marei Pelzer)

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