PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.
Presseerklärung
12. Juli 2007

2. Meldung vom Tage

Neuregelung des Familiennachzugs im Zuwanderungsrecht verfassungswidrig?
Migrantenverbände befinden sich mit ihrer Kritik in guter Gesellschaft – von großen Teilen der SPD
PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.

Presseerklärung

12. Juli 2007

2. Meldung vom Tage

Neuregelung des Familiennachzugs im Zuwanderungsrecht verfassungswidrig?
Migrantenverbände befinden sich mit ihrer Kritik in guter Gesellschaft – von großen Teilen der SPD


Die Verschärfungen des Familiennachzugs, wie sie das neue Zuwanderungsrecht vorsieht, sind möglicherweise verfassungswidrig. Mit dieser Kritik stehen die türkischen Migrantenverbände nicht allein. In der Sachverständigenanhörung des Bundestagsinnenausschusses am 21. Mai 2007 hat eine deutliche Mehrheit der Sachverständigen die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelungen bezweifelt.



Auch eine große Gruppe von SPD-Abgeordneten hält das Gesetz überwiegend für eine Fehlkonstruktion. In mehreren persönlichen Erklärungen, die zur Bundestagsdebatte zu Protokoll gegeben wurden, finden sich deutliche Worte zur Verfassungsmäßigkeit:



Gregor Amann (SPD): ?Ich kann einem Gesetzentwurf nicht zustimmen, der in meinen Augen klar verfassungswidrig ist, da er elementare Grundrechte einschränkt. (...) Die verfassungsrechtlich geschützte Ehe wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf empfindlich beeinträchtigt. Es findet eine nicht hinzunehmende Diskriminierung statt, von der vor allem Menschen mit geringerem sozialen Status und Bildungsniveau betroffen sind.?



Dr. Lale Akgün, Renate Gradistanac, Hilde Mattheis und Lothar Mark (SPD): ?Außerdem wird der Grundsatz der Gleichbehandlung durch das Gesetz empfindlich gestört. Stattdessen wird eine nicht hinzunehmende Diskriminierung eingeführt, von der vor allem Menschen mit geringerem sozialen Status und Bildungsniveau betroffen sind. (...) Aufgrund der eindeutigen Diskriminierung, die hinter dieser Regelung steht, hege ich ernste Zweifel an der Verfassungskonformität des Gesetzesvorhabens.?



Vierzehn weitere Abgeordnete der SPD: ?Allein unter frauen- und familienpolitischer Betrachtung enthält der Gesetzentwurf jedoch meines Erachtens eine Reihe von diskriminierenden Regelungen, die dem Ziel eines notwendigen Opferschutzes und dem Ziel einer angemessenen Integrationspolitik zuwiderlaufen. So ist die Verfassungsmäßigkeit der im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen im Bereich des Ehegattennachzugs und der Maßnahmen zur Bekämpfung der Zwangsverheiratung von der großen Mehrheit der Sachverständigen bei der Anhörung des Innenausschusses am 21. Mai 2007 deutlich in Frage gestellt worden. Insbesondere scheint der im Grundgesetz verankerte Verfassungsauftrag für eine gleichberechtigte Gesellschaft (Art. 3 Abs. 2 GG) mit ausreichendem humanitären Schutz von Frauen (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 und Art. 16 a Abs. 1 GG) und der Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG) nicht ausreichend gewährleistet.?

Wenn selbst der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestages, Sebastian Edathy (SPD) in seiner Parlamentsrede erklärt hat, er halte es für verfassungsrechtlich und inhaltlich nicht unproblematisch, den Erwerb von Sprachkenntnissen vor dem Ehegattennachzug für obligatorisch zu erklären, dann befinden sich die Migrantenverbände in bester Gesellschaft. Die Verfassungsbeschwerde ist – begleitet von einer öffentlichen Diskussion – die rechtsstaatliche Antwort.



Zumindest von der SPD-Minderheit darf man nun erwarten, dass sie den kritisierten Migrantenverbänden beispringt und den Gang einzelner Betroffener nach Karlsruhe unterstützt.



gez. Bernd Mesovic

Referent









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