Presseerklärung des Bayerischen Flüchtlingsrats
7.10.2006


Presseerklärung des Bayerischen Flüchtlingsrats
7.10.2006


Dem Gerede um Integration müssen Taten folgen! Für eine umfassende
Bleiberechtsregelung für Geduldete

Am 9. Oktober treffen sich die Innenminster der Länder in München. Die
Verhandlungen zum Bleiberecht treten damit in die heiße Phase. Es geht
um die Frage, ob rund 200 000 Menschen, die seit Jahren in Deutschland
leben, deren Kinder hier aufgewachsen sind, ein Aufenthaltsrecht und
damit eine Bleibeperspektive erhalten sollen.

Der Bayerische Flüchtlingsrat fordert den bayerischen Innenminister
Beckstein auf, einer umfassenden Bleiberechtsregelung nicht länger im
Weg zu stehen. Aus Gründen der politischen Vernunft und der
Menschlichkeit fordert der Bayerische Flüchtlingsrat ein Ende der
Kettenduldungen.

Der Bayerische Flüchtlingsrat fordert den bayerischen Innenminister auf,
sich auch in seinen Taten zur Integration zu bekennen und zu
anzuerkennen, dass diese langjährig hier lebenden Menschen Teil unserer
Gesellschaft geworden sind. Dieser Tatsache muss Rechnung getragen
werden, indem sie auch legal an der Gesellschaft teilhaben dürfen.

Bei den allermeisten geduldeten Ausländern in Deutschland handelt es
sich um Flüchtlinge, deren Asylantrag abgelehnt oder, so der Fall bei
mehreren Tausend irakischen Flüchtlingen, denen das schon bewilligte
Asyl wieder entzogen wurde.

Asylpolitisch ist die langjährige Anwesenheit abgelehnter, aber
geduldeter Flüchtlinge ein Indiz für die Fehlentwicklung des deutschen
Asylrechts. So wird irakischen Flüchtlingen der Asylstatus entzogen,
obwohl klar ist, dass auf absehbare Zeit die Bürgerkriegssituation im
Irak nicht einer friedlichen und stabilen Gesellschaftsordnung weichen
wird. Flüchtlinge können nicht zurück, können noch nicht einmal
abgeschoben werden ­ trotzdem entzieht man ihnen hier die Grundlage für
eine Lebensperspektive in Deutschland. Ähnlich ist es bei Zehntausenden
Flüchtlingen, die ethnische Minderheiten im Kosovo sind. Auch hier gibt
es seit Jahren keine Perspektive auf stabile Verhältnisse und
staatlichen Schutz gegen Verfolgung und Diskriminierung. Dennoch bleiben
diese Menschen nur geduldet, droht ihnen die Abschiebung irgendwann. Das
ist eine Flüchtlingspolitik, die ihre Maßstäbe verloren hat und auf
Kosten der Menschen und der Gesellschaft geht.

Das Thema Bleiberecht für Flüchtlinge geht weit über asylpolitische
Maßstäbe hinaus. Die Innenminister nehmen in Kauf, dass Hunderttausende
Menschen längerfristig in Deutschland leben, aber durch massive
Einschränkungen an der Entwicklung einer Lebensperspektive gehindert
werden. Sie unterliegen Arbeitsverboten oder -einschränkungen, leben oft
zwangsweise in Sammelunterkünften, sind künstlich abhängig von
staatlichen Leistungen, die das Wort Leistung kaum verdienen. Sie leben
unter permanenter Drohung der Abschiebung, die einschneidend gerade
deshalb ist, weil der Zeitpunkt ihres Vollzugs im Vagen bleibt.

Unter diesen Bedingungen ist eine erfolgreiche Integration meistens
verbaut, auch wenn es herausragende Erfolgsgeschichten gibt.
Integrationspolitisch wie menschlich erleben wir vieltausendfaches
Scheitern. Jede einzelne gescheiterte Existenz ist den deutschen
Innenministern anzulasten, die ungeachtet der Konsequenzen seit
inzwischen mehr als einem Jahrzehnt eine aktiv desintegrierende
Flüchtlingspolitik getragen haben.

Nun wird um eine Bleiberechtsregelung verhandelt, und insbesondere der
bayerische Innenminister Günther Beckstein will weiter verhindern, dass
für geduldete Flüchtlinge in Deutschland eine Lösung gefunden wird. Wohl
wissend, dass auch in den kommenden Jahren die Mehrzahl der Geduldeten

im Land bleiben wird, betreibt Beckstein eine Minimallösung, die nur
einigen wenigen ausgewählten Flüchtlingen Sicherheit geben würde.

Der Bayerische Flüchtlingsrat appelliert an Günter Beckstein, einer
vernünftigen, und das kann nur heißen umfassenden Bleiberechtsregelung
nicht länger im Weg zu stehen. Wir fordern den Bayerischen Innenminister
auf, die Parteiideologie mal hintan zu stellen und dem gesunden
Menschenverstand einmal Vorrang einzuräumen. Niemand aus dem sozialen
Umfeld von Betroffenen versteht, warum Kollegen, Freunde, Schulkameraden
unter permanenter Angst leben müssen, warum sie jahrelang nicht arbeiten
dürfen. Niemand kann begreifen, warum dem Staat jährlich
Millionenausgaben entstehen, um diese Menschen in Lagern unterzubringen
und mit Essenspaketen zu versorgen, die eine Entmündigung bis in den
Bereich der Grundbedürfnisse bedeuten.

Niemand kann eine solche Politik noch mit Integration in Verbindung
bringen, niemand kann sehen, wie sich die langjährige Ausgrenzung von
Geduldeten mit dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit
vereinbaren ließe.

gez. Stephan Dünnwald

Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats

weitere Infos unter:

http://www.imk2006.de/
http://www.bleiberechtsbuero.de/

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