Presseinformation vom 29. August 2010 / Politik, Europa, Migration

Aus Deutschland abgeschobener Iraner seit 13 Tagen in Athen im Hungerstreik

Er fordert: Sofortige Entscheidung über sein Asylgesuch oder
Rückkehrerlaubnis nach Deutschland


Presseinformation vom 29. August 2010 / Politik, Europa, Migration

Aus Deutschland abgeschobener Iraner seit 13 Tagen in Athen im Hungerstreik

Er fordert: Sofortige Entscheidung über sein Asylgesuch oder
Rückkehrerlaubnis nach Deutschland

Der iranische Flüchtling Seyed Rouhollah Raufi Kalachayeh (28) wurde vor
eineinhalb Jahren aus Deutschland nach Griechenland abgeschoben, wohin
er 2008 aus dem Iran geflüchtet war. Seitdem wartet er auf die
Durchführung seines Asylverfahrens.

Um Druck auf die griechischen Behörden auszuüben und endlich eine
Anhörung in seinem Asylverfahren zu erreichen, ist er vor 13 Tagen in
Hungerstreik getreten. Er hat sich damit einer Gruppe von Iranern
angeschlossen, die seit Wochen vor dem Gebäude des griechischen UNHCR
gegen die Verschleppung ihrer Asylanträge in Griechenland protestiert.
Zwei der Iraner befinden sich seit dem 29.07.2010 im Hungerstreik. Einer
der Hungerstreikenden wartet seit neun Jahren darauf, dass er überhaupt
einmal zur Anhörung geladen wird und damit sein Asylverfahren endlich
beginnt. Ein anderer hat sich aus Verzweiflung die Lippen zugenäht1.

Ein Asylsystem existiert in Griechenland nicht einmal mehr formell. Seit
die sozialistische Regierung den Präsidialerlass vom Juli 2009 außer
Kraft gesetzt hat, werden keine Verfahren mehr durchgeführt. Mehr als
46.000 Verfahren sind anhängig. Staatliche Unterstützung erhalten die
Asylsuchenden nicht. Wie viele andere Flüchtlinge lebt Seyed in einem
Athener Park.

Seyed Rouhollah: "Bei meiner Abschiebung sagten die deutschen Polizisten
'In Athen wird für dich gesorgt'. Aber das war eine offensichtliche
Lüge. Die Situation ist für uns unerträglich, wir leben wie Tiere auf
der Straße. Der Hungerstreik ist unsere letzte Hoffnung, endlich das
Asylverfahren und irgendwann ein normales Leben beginnen zu können."

Viele der Hungerstreikenden sind Opfer der Dublin-II-Verordnung und ein
oder mehrmals aus anderen europäischen Ländern nach Griechenland
zurückgeschoben worden. Denn nach der Dublin-II-Verordnung ist nur das
Land der ersten Einreise für die Durchführung des Asylverfahrens
zuständig ­ in diesem Fall Griechenland.

Trotz der katastrophalen Lage in Griechenland hält die Bundesregierung
an der Dublin-II-Verordnung fest und schiebt weiter Flüchtlinge nach
Griechenland ab. ?Sie ist die eigentliche Verantwortliche für Seyeds
auswegslose Situation und zur Rechenschaft zu ziehen, wenn Seyed
gesundheitlichen Schaden durch den Hungerstreik nimmt³, sagt Marion
Bayer vom Netzwerk Welcome to Europe, die die Hungerstreikenden in Athen
besucht hat.

Die griechische Regierung zeigt in einer Presseerklärung2 Verständnis
für die Hungerstreikenden und räumt große Defizite im bisherigen
Asylsystem ein. Sie könne den Streikenden aber nicht einfach eine
Asylanerkennung geben, erst müssten sie ein Asylverfahren durchlaufen.
Ab September trete ein neuer Präsidialerlass in Kraft, Entscheidungen
über Asylgesuche sollen dann nicht länger als sechs Monate dauern, in
Ausnahmefällen zwölf Monate. Allerdings wird allein die Prüfung der
46.352 anhängigen Fälle Jahre dauern.

-- Das Netzwerk Welcome to Europe hat sich 2009 als Ausdruck des zunehmenden Entsetzens über die europäische Migrationspolitik gegründet. Wir treten ein für einen Politikwechsel in Europa hin zu einem respektvollen und gleichberechtigten Umgang mit den Menschen, die auf der Suche nach Sicherheit nach Europa kommen.
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