Presseerklärung
zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der EU |
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Köln, den 18. Mai 2007 > > Presseerklärung > zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und > asylrechtlicher Richtlinien der EU > > "Der ewige Ausländer" ? > Oder: Wer verhindert noch die Verabschiedung eines rechtstaatswidrigen > Gesetzes? > > Mit dem Gesetzentwurf zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher > Richtlinien der Europäischen Union, der Ende März 2007 im Kabinett > beschlossen wurde, plant die Große Koalition umfangreiche Verschärfungen > der asyl-, aufenthalts- und staatsbürgerschaftsrechtlichen Bestimmungen. > Unter dem Deckmantel der EU-Richtlinienumsetzung sollen noch bis zur > Sommerpause des Parlaments Regelungen durchgesetzt werden, die massiv in > Grundrechte der Betroffenen bzw. in das Rechtsstaatsprinzip der > Bundesrepublik Deutschland eingreifen. > > Das Komitee möchte auf drei besonders empörende Aspekte des > Gesetzentwurfs hinweisen, die bislang in der Öffentlichkeit kaum oder > gar nicht diskutiert wurden: > > 1. "Deutsche zweiter Klasse" > > Der neu formulierte § 28 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes sieht vor, dass > der Ehegattennachzug zu Deutschen künftig ausgeschlossen werden kann, > wenn das eigene Einkommen nicht zur Lebensunterhaltssicherung ausreicht, > etwa beim Bezug von Leistungen nach Hartz IV. Das Recht auf ein > Zusammenleben mit dem/r EhepartnerIn galt für Deutsche bislang noch > absolut ? im Gegensatz zu Nicht-Deutschen. Aus der Gesetzesbegründung > geht hervor, dass dieser massive Eingriff in die Grundrechte ?nur? bei > eingebürgerten Deutschen mit einer doppelten Staatsangehörigkeit zur > Anwendung kommen soll. Denn diesen sei "die Begründung der ehelichen > Lebensgemeinschaft im Ausland zumutbar". Die Regelung sei, so heißt es > weiter, auch "aus integrationspolitischen Gründen geboten". Denn: Die > Pflicht zum Nachweis der eigenen Lebensunterhaltssicherung stelle für > die Eingebürgerten "einen Anreiz zur Integration" dar. > > In anderen Worten: AusländerInnen sind in den Augen der Bundesregierung > selbst nach ihrer Einbürgerung als Deutsche noch nicht "integriert" und > bedürfen weiterer "Anreize" bzw. Androhungen, um sich zu "integrieren". > Sie bleiben die "ewigen Ausländer". > Eingebürgerte werden künftig Deutsche mit minderen Rechten sein. Wenn > sie arbeitslos oder hilfebedürftig sind, wird ihnen " im Gegensatz zu > "Voll-Deutschen" " der Zuzug ihrer ausländischen EhepartnerInnen und ein > gemeinsames Leben in Deutschland verwehrt! > Dass die (Grund-) Rechte von Nicht-Deutschen bzw. nun auch von > eingebürgerten Deutschen unter dem Vorbehalt ihrer "Nützlichkeit" (der > eigenständigen Lebensunterhaltssicherung) gestellt werden, ist ein > menschenrechtlicher Skandal. Die Parole vom "Zuzug in die sozialen > Sicherungssysteme", die ebenfalls in die Gesetzesbegründung Einzug > gehalten hat, reduziert Menschen darauf, was sie die Gesellschaft > (angeblich) "kosten". Diese Politik ist mit dem Grundsatz der > Menschenwürde nicht vereinbar und vor dem Hintergrund der > nationalsozialistischen Hetze gegen angebliche ?Parasiten? der > ?Volksgemeinschaft? auch geschichtsvergessen und inakzeptabel. > > 2. "Völkische Integrationskontrolle" > > Öffentliche Stellen sollen künftig nach § 87 AufenthG-E "unverzüglich > die zuständige Ausländerbehörde unterrichten, wenn sie im Zusammenhang > mit der Erfüllung ihrer Aufgaben Kenntnis erlangen von einer besonderen > Integrationsbedürftigkeit" von AusländerInnen. Hiervon könne z.B. > ausgegangen werden, wenn ausländische Eltern sich nicht auf einfache Art > in deutscher Sprache verständigen können. Ein weiterer Anhaltspunkt für > eine "besondere Integrationsbedürftigkeit" sei ein Sozialhilfebezug, so > die Gesetzesbegründung. > > LehrerInnen, KindergärtnerInnen, ArbeitsamtmitarbeiterInnen, aber auch > medizinisches Personal in einem staatlichen Krankenhaus, PolizistInnen > usw. sollen demnach zur "Integrationskontrolle" von MigrantInnen > verpflichtet werden. Die gesellschaftlichen Auswirkungen dieser > geplanten Neuregelung sind kaum übersehbar. Ein Beispiel nur: > Nicht-deutsche Eltern mit schlechten Deutschkenntnissen bzw. solche, die > von Sozialhilfeleistungen abhängig sind, müssen demnach künftig beim > Elternabend in der Schule damit rechnen, dass sie der Ausländerbehörde > "gemeldet" werden, die dann ihrerseits die sanktionsbewehrte > Integrationsmaschinerie zur Anwendung bringt. LehrerInnen wiederum > werden gezwungen, nicht-deutsche Eltern, die Sozialhilfe beziehen oder > die deutsche Sprache nicht beherrschen, zu taxieren, zu bewerten und > gegebenenfalls der Ausländerbehörde zu melden. Das notwendige > Vertrauensverhältnis als Voraussetzung für die Erfüllung des Auftrages > öffentlicher Stellen wird hierdurch auf beiden Seiten gesetzlich > unterminiert. Und es wird einer neuen Form des Denunziantentums, einer > "völkischen Integrationskontrolle", Tür und Tor geöffnet: Allen > öffentlich Bediensteten, die etwas "herrenmenschelndes" an sich spüren > (und dies dürften nach jüngsten Studien nicht wenige in der Gesellschaft > sein), bietet der neue Paragraf die Möglichkeit, in ihren Augen > "defizitäre Ausländer" der Ausländerpolizei zu melden. Nach welchen > Kriterien öffentlich Bedienstete die Sprachkenntnisse der Betroffenen > bzw. deren "Integrationsbedürftigkeit" in der Praxis bewerten sollen, > ist dabei noch das geringste Problem? > > 3. "Überraschungsabschiebungen per Gesetz" > > Menschen, die nach ihrer letzten Abschiebungsandrohung über ein Jahr > lang geduldet wurden, sollen künftig im Rahmen ihrer Vorsprache zur > Duldungsverlängerung ohne Vorankündigung (§ 60a Abs. 5 AufenthG-E) > festgenommen, inhaftiert und abgeschoben werden können, gegebenenfalls > auch ohne vorherige richterliche Anordnung (§ 62 Abs. 4 AufenthG-E). > > Dies wäre die gesetzliche Normierung von "Überraschungsabschiebungen". > Zur Verdeutlichung: Eine solche unangekündigte Abschiebung wird dann > z.B. Familien mit Kindern treffen, die seit vielen Jahren oder sogar > Jahrzehnten in Deutschland leben, Personen, die hier ihren > Lebensmittelpunkt, Arbeit, eine Wohnung und einen festen Bekanntenkreis > gefunden haben, traumatisierte Flüchtlinge, die noch kein oder kein > ausreichendes Attest über ihre möglicherweise ein Abschiebungshindernis > darstellende Krankheit vorgebracht haben oder vorbringen konnten usw. > Sie werden sich von niemandem verabschieden und häufig keinen effektiven > Rechtsschutz mehr finden können. Die Legalisierung solcher > "Überraschungsabschiebungen" ist ein eklatanter Verstoß gegen den > Grundsatz der Menschenwürde, gegen den Schutz des Privatlebens, und > gegen das Rechtsstaats- und Verhältnismäßigkeitsprinzip der > Bundesrepublik Deutschland. Dass solche gesetzgeberischen Brutalitäten > vor dem Hintergrund massiv zurückgegangener Flüchtlingszahlen geplant > werden, belegt die maßlose Abwehrmentalität und Menschenverachtung der > deutschen Politik und Verwaltung im Umgang mit Nicht-Deutschen. > > Der Deutsche Bundestag hat es nun in der Hand, die oben genannten > Bestimmungen zu verhindern. Ohne öffentlichen Druck von Bürgerinnen und > Bürgern, die dem unaufhaltsamen Niedergang des demokratischen > Rechtstaates nicht tatenlos zusehen wollen, wird er es allerdings nicht > tun. Wir alle sind gefragt. > > Dr. Thomas Hohlfeld / Komitee für Grundrechte und Demokratie > > > Komitee für Grundrechte und Demokratie > Aquinostr. 7 - 11, 50670 Köln > Tel.: 0221 - 97269 -30, Fax: - 31 |
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