Gemeinsamer Protest vor der ZAAB Oldenburg:
Mittwoch, 14 Uhr.
190 Unterschriften aus Abschiebelager Bramsche untermauern Forderungen der Flüchtlinges

Pressemitteilung und Einladung: 19.12.2006

Gemeinsamer Protest vor der ZAAB Oldenburg: Mittwoch, 14 Uhr. 190 Unterschriften aus Abschiebelager Bramsche untermauern Forderungen der Flüchtlinge. Ab sofort erscheint in Blankenburg Streikzeitung in 6 Sprachen.

Bereits im März diesen Jahres hatten sich 183 der damaligen BewohnerInnen des Abschiebelagers Bramsche-Hesepe mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit gewandt. Nun haben erneut 190 Flüchtlinge eine Protestresolution verfasst. Sie soll morgen gemeinsam mit Flüchtlingen aus Blankenburg an Christian Lüttgau, den Leiter der Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörde (ZAAB) Blankenburg überreicht werden. Hintergrund ist, dass das Abschiebelager Bramsche verwaltungstechnisch zur ZAAB gehört.

"Wir haben das Recht, nicht wie Tiere behandelt zu werden", fasst einer der BewohnerInnen in Bramsche-Hesepe die Stimmung unter den Flüchtlingen drastisch zusammen. Diese Formulierung stimmt um so nachdenklicher, als die Flüchtlinge in ihrer aktuellen Resolution Verhältnisse anprangern, die bereits seit Jahren im Zentrum der Kritik stehen – unter anderem die Zwangsverpflegung in der Kantine, die Isolation der Kinder in der lagereigenen Schule (einschließlich systematischer Unterforderung), die inadäquate und bevormundende Gesundheitsversorgung sowie die Überbelegung der Zimmer (vgl. separate Mail).
190 Unterschriften ist eine beeindruckende Zahl", findet XY vom NoLager-Netzwerk. "Sie zeigt, wie falsch Innenminister Schünemann mit seiner Behauptung liegt, dass die Proteste lediglich von einer handvoll außengesteuerter Aufrührer getragen würden." 190 Unterschriften sind aber auch im Lichte des Drucks imposant, mit dem die Lagerleitung in Bramsche-Hesepe nichts unversucht lässt, die Proteste still zu kriegen: So soll im direkten Zusammenhang mit dem Niederreißen eines Teils des Zauns im Abschiebelager Bramsche-Hesepe zahlreichen Flüchtlingen das Taschengeld gestrichen worden sein, gleichwohl es bislang in keiner Form zu einer gerichtlich oder anderweitig festgestellten Verantwortlichkeit gekommen ist.

Unterdessen nimmt sich die Ratsfraktion von Bündnis90/Die Grünen in Bramsche ebenfalls der Verhältnisse im Abschiebelager an. In Anlehnung an die Resolution des Stadtrats in Oldenburg strebt sie an, dass der Stadtrat in Bramsche ebenfalls dem Land Niedersachsen die Einrichtung einer unabhängigen Komission zur Frage der Flüchtlingsunterbringung vorschlagen möge. Dabei sollen die Belange von Familien mit Kindern besonders berücksichtigt werden.

Der Protestbrief wird morgen anlässlich eines offenen Pressegesprächs vor der ZAAB in Blankenburg ab 14 Uhr übergeben werden (ein Zelt wird aufgebaut sein, heiße Getränke und Essen sind ebenfalls vorhanden). Des weiteren soll morgen die erste Ausgabe einer 16-seitigen Streikzeitung der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Die Zeitung liegt bislang in 6 Sprachen vor, sie ist von BewohnerInnen der ZAAB Blankenburg und UnterstützerInnen gemeinsam erstellt worden.


Jetzt kommt der offene Brief:

Bewohnerinnen und Bewohner der ZAAB Bramsche-Hesepe

An:

Christian Lüttgau und Niedersächsisches Innenministerium

Betrifft: Öffentlicher Brief bezüglich der Lebensbedingungen in der ZAAB Oldenburg

Sehr geehrte Damen und Herren,

Wir, Bewohnerinnen und Bewohner der ZAAB Bramsche-Hesepe, schließen uns den Forderungen an, die während des Streiks der Flüchtlinge in der ZAAB Oldenburg erhoben wurden. Wir verweisen darauf, daß Bramsche eine Außenstelle der ZAAB Oldenburg ist und fordern, daß Bramsche-Hesepe in die anstehenden Gespräche über die Unterbringung mit einbezogen wird. Zumal sich die Lebensbedingungen in beiden Lagern sehr ähnlich sind.

Für Bramsche kommt hinzu, daß wir hier mit unseren Kindern leben müssen, wodurch sich die Situation, was die Ernährung durch das Kantinenessen angeht, noch einmal erschwert. Als Eltern sind wir dafür verantwortlich, daß unsere Kinder gesund aufwachsen. Das betrifft auch die Schwierigkeiten bei der medizinischen Versorgung. Wir haben nicht das Recht auf freie Arztwahl und ärztliche Verordnungen werden häufig von der Sozialstation verweigert.

Zudem möchten wir darauf hinweisen, daß die schulische Versorgung für unsere Kinder unbefriedigend ist. Sie klagen immer wieder darüber, daß sie in der lagereigenen Schule nicht richtig lernen können. Bei Krankheit eines Lehrers fällt der Unterricht ganz aus.

Für die Familien ist die Wohnsituation insgesamt schwierig. Fünf- bis sechsköpfige Familien müssen sich einen gemeinsamen Raum teilen. Die Eltern haben keinen Raum für eine Privatsphäre und auch für Jugendliche und Heranwachsende ergeben sich große Probleme, wenn sie keinen getrennten Raum für sich zur Verfügung haben.

Am Mittwoch, den 8. November, haben wir einen Warnstreik durchgeführt, um diese Zusammenhänge deutlich zu machen. Mit dem heutigen Tag treten wir in einen unbefristeten Streik, wir werden nicht mehr in der Kantine essen. Mit diesem Streik wollen wir erreichen, daß Gespräche mit den Verantwortlichen über die Lebensbedingungen im Lager stattfinden. Unser größter Wunsch ist, in eigenen Wohnungen leben zu können, mit einem Alltag, wie ihn alle Menschen in diesem Land haben. Zumindest aber müssen die Bedingungen in dem Lager verbessert werden.

Bereits im März diesen Jahres haben wir einen Brief dem Innenministerium und Vertretern und Vertreterinnen des Landtages überbracht. Es sind dem weder Gespräche oder Taten gefolgt, die die Situation geändert hätten. Das einzige, was wir festgestellt haben, ist, daß ein großes Interesse der Medienöffentlichkeit gegeben hat. Es wird Zeit, daß auch Taten folgen.

Unsere Proteste waren friedlich, sie sollen friedlich bleiben, aber wir werden solange nicht aufgeben, wie die Forderungen nicht erfüllt sind.

Wir fordern:

- ernsthafte Gespräche, in denen es nicht nur um Rechtfertigungen geht, sondern darum, daß wir im Rahmen der Möglichkeiten menschenwürdig leben wollen,
- Schließung der Kantine, stattdessen die selbstständige Versorgung mit Lebensmitteln und die Möglichkeit, Essen selbst zuzubereiten,
- Schließung der Lagerschule, stattdessen der Besuch aller Kinder, von Regelschulen mit entsprechenden sinnvollen Förderprogrammen,
- angemessene medizinische Versorgung, was bedeutet: freie Arztwahl, Gewährung von medizinischen Leistungen, die ärztlicherseits verordnet werden


Kontakt: nolager bremen <nolagerbremen@yahoo.de>

1000 x 100 Euro - Spendenaufruf für das Aktionsprogramm!




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