8 Monate Freiheitsentzug für Residenzpflicht für Otto Felix aus Kamerun
Artikel aus der taz, 03.05.2009


8 Monate Freiheitsentzug für Residenzpflicht für Otto Felix aus Kamerun
Artikel aus der taz, 03.05.2009

Asylbewerber verletzt Residenzpflicht

Acht Monate Knast

Ein Kameruner soll acht Monate absitzen, weil er den ihm zugewiesenen
Landkreis verlassen hat. "Das härteste Urteil, das wir kennen", sagt Pro
Asyl. VON CHRISTIAN JAKOB

30. März, Autobahn A4, zwischen Erfurt und Jena. Die Polizei kontrolliert
einen PKW. Für den Beifahrer, den Kameruner Felix Otto, endet damit seine
Reise in Richtung Frankfurt. Stattdessen sitzt er seither in Zelle der JVA
Suhl-Goldlauter – und wird diese auch erst im November wieder verlassen.

"Herr Otto war zur Fahndung ausgeschrieben, weil er gegen das
Asylverfahrensgesetz verstoßen hat," sagt die Sprecherin des Thüringer
Justizministeriums, Sandra Littman. Andere Straftaten habe er nicht
begangen.

Otto hat sich nicht an die so genannte "Residenzpflicht" gehalten. Der
Passus des Asylverfahrensgesetzes erlegt Flüchtlingen eine "räumliche
Beschränkung" auf; Verstöße gegen diese nur in Deutschland existierende
Bestimmung können mit bis zu einem Jahr Haft geahndet werden.

Otto lebte in einem abgelegenen Asylbewerberheim einige Kilometer von
Juchhöh, im Saale-Orla-Kreis. "Er ist jedoch bei polizeilichen Kontrollen
mehrfach außerhalb dieses Landkreises angetroffen worden," sagt Dieter
Marufke, Richter am Amtsgericht Bad Lobenstein. Wie oft genau, kann
Marufke nicht sagen, die Akte sei derzeit bei einer anderen Behörde. Im
letzten Jahr hat er Otto deshalb zu acht Monaten Haft auf Bewährung
verurteilt. Doch der Kameruner habe gegen die Auflagen verstoßen: "Er
sollte sich einmal pro Woche in seinem Heim in eine Liste eintragen," sagt
Marufke. Stattdessen sei Otto dort überhaupt nicht mehr gesehen worden,
die Ausländerbehörde und sein Bewährungshelfer konnten ihn nicht
erreichen. "Einen krasseren Verstoß gibt es wohl kaum," sagt Marufke. Am
13. Dezember widerrief er deshalb die Bewährung.

Das Strafmaß hält Marufke für angemessen. "Wäre hier überzogen geurteilt
worden, dann hätte da auch die Staatsanwaltschaft reagiert." Ähnliche
Urteile seien "mit Sicherheit" in der Vergangenheit schon öfter ergangen.

Genau dies bestreiten Flüchtlingsorganisationen. "Das ist das bei weitem
härteste Urteil, das wir kennen," sagt Bernd Mesovic von Pro Asyl in
Frankfurt. Ihm sei "kein einziger Fall bekannt", in dem ein Flüchtling
wegen Reisdenzpflichtverstößen so lange ins Gefängnis musste. Dabei seien
diese Verstöße häufig: "Das ist auch völlig selbstverständlich, die
meisten Leute würden kaputtgehen, wenn sie sich daran hielten." Offiziell
wird die Residenzpflicht damit begründet, dass Asylbewerber für das
Asylverfahren erreichbar sein sollen. "Da wäre es mit einer
Wohnsitzverpflichtung aber getan," sagt Mesovic. Dass man ein so hohes Gut
wie die Freizügigkeit derart einschränke sei "überhaupt nicht einzusehen."
Der Paragraf sei "absolut schikanös, der muss weg," sagt Mesovic.

Ähnlich äußerte sich die afrikanische Flüchtlingsorganisation "The Voice"
aus Jena, bei der Otto Mitglied ist. "Er hat sich lediglich die
Bewegungsfreiheit genommen, die außer Asylbewerbern jedem Menschen in
Deutschland zusteht," sagt Voice-Sprecher Osaren Igbinoba. Er sei wie alle
Asylbewerber ?ohne irgendein Verbrechen für Jahre zur sozialen Isolation
in seinem Landkreis verurteilt gewesen?. Weil er dies nicht akzeptiert
habe, werde er nun ?mit einem Gefängnis aus Mauern, Gitter und Stahl
bestraft." Igbinoba erneuerte die von "The Voice" seit vielen Jahren
erhobene Forderung nach der Abschaffung der Residenzpflicht.
http://thevoiceforum.org/node/1212

http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/acht-monate-knast/

German Text: *Gefängnisfür Bewegungsfreiheit - Protest gegen die
Inhaftierung von Felix Otto
http://thevoiceforum.org/node/1197

English Text: *Prison for Freedom of Movement in Thueringen Germany –Felix
Otto, a Camerunian protest against his imprisonment in Suhl
http://thevoiceforum.org/node/1198


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