BUNDESWEITE DEMO IN DESSAU IN GEDENKEN AN OURY JALLOH
23. JUNI, 14 - HBF DESSAU
TREFFPUNKT FÜR DIE ABFAHRT VON BERLIN, REISECENTER AM ALEX, 10.30
BUNDESWEITE DEMO IN DESSAU IN GEDENKEN AN OURY JALLOH
23. JUNI, 14 - HBF DESSAU
TREFFPUNKT FÜR DIE ABFAHRT VON BERLIN, REISECENTER AM ALEX, 10.30


"Man muss doch nicht alles sehen"
Hans-Christoph Glombitza
Leitende Polizeidirektor Dessaus, über die Bekämpfung
rechstextremistischen Straftaten

Das die Justiz eine blinde Göttin ist
ist etwas worüber wir Schwarzen sind im Klaren sind.
Ihre Binden verstecken zwei verfaulten Wunden
die vielleicht einmal Augen gewesen sind
Aimé Césaire

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In Gedenken an Dominique Koumadio
erschossen von der Dortmunder Polizei am 14. April 2006

# Thematisierung des staatlichen Terrors gegen Flüchtlinge und MigrantInnen
# Aufruf zur solidarischen Verteidigung der Grundrechte

Am 25. Mai hielt die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und
MigrantInnen eine Kundgebung in Gedenken an Dominique Koumadio in
Dortmund ab. Im Rahmen der Karawane-Tour 2007 sollte das Thema des
alltäglichen und staatlich institutionalisierter Rassismus benannt und
die Menschen in Dortmund zur Solidarität aufgerufen werden. Nach der
Kundgebung, die in der Dortmunder Innenstadt vor der Reinoldikirche
abgehalten wurde, gedachten die angereisten Teilnehmer der Karawane-Tour
zusammen mit Freundinnen und Freunde Dominique vor Ort in der Bayrischen
Strasse in Dortmund Eving.

An der Kundgebung nahmen die Initiative in Gedenken an Dominique
Koumadio, die Föderation der ArbeitsmigrantInnen aus der Türkei in
Deutschland (AGIF), die Linke und die Initiative gegen Rassismus und
Ausgrenzung teil.
In ihren Redebeiträgen erinnerten die TourteilnehmerInnen an die Opfer
der Staatsgewalt, die durch Polizeibrutalität oder durch das
Asylbewerberleistungsgesetz ihr Leben verloren. Oury Jalloh, der in
einer Dessauer Polizeizelle verbrannt wurde und Mohammad Selah wurden in
diesem Zusammenhang genannt.

Die Rednerinnen und Redner erzählten über Dominiques Leben und warum er
nach Deutschland gekommen war. Sie erinnerten an die acht Millionen
Opfer der kongolesischen Bevölkerung unter der Herrschaft Belgiens und
ließen die Ermordung des ersten kongolesischen Präsidenten durch einen
belgischen Offizier nicht aus. Nach der Ermordung Lumumbas wurde dem
General Mobuto die Verwaltung Kongos und die Peitsche für die
Unterdrückung der kongoleischen Bevölkerung im Namen des Profits der
ehemaligen Kolonialherren übergeben. Die heutigen Auseinandersetzungen
sind durch die Konkurrenz der mächtigen Konzerne und Staaten um die für
die Industriegesellschaft strategischen Rohstoffe zu erklären. Im Kampf
um die Rohstoffe generieren diese Staaten und ihre Handlanger in Kongo
einen permanenten Kriegszustand und Unruhen, die täglich Opfer fordern.
Dominique kam mit 14 aus diesem Land. Er kam alleine, weil seine Eltern
nicht mehr am Leben waren. Mit 16 stellte er ein Asylantrag und nach 7
Jahren der Unsicherheit und der Ungewissheit erhielt er eine
Aufenthaltserlaubnis. Kurz danach wurde er auf der Strasse erschossen.
(Hintergrund im Anschluss).

Bekannte von Dominique von der afrikanischen Gemeinschaft in Dortmund
erzählten über Dominique und warum es wichtig sei, über diese Themen
nicht nur zu sprechen. Sie sagten: "Wir wollen nicht, dass unseren
Kinder etwas ähnliches widerfährt."

Die Kundgebung zog viele Passantinnen und Passanten in Dortmund an, die
interessiert zuhörten und uns in unsere Arbeit ermutigten. Die 70 bis 80
TeilnehmerInnen riefen immer wieder "Oury Jalloh, das war Mord!
Dominique das war Mord!". Sie forderten die Abschaffung der
Residenzpflicht und der rassistischen Polizeikontrollen. Sie forderten
die Eröffnung eines Verfahrens gegen die Todesschützen von Dominique.

Nach der lauten und lebendigen Kundgebung fuhr der Karawane-Bus Richtung
Bayrische Strasse. Dort wurden am Baum neben dem Platz, wo Dominique am
14. April 2007 erschossen wurde, Blumen und Bilder von Dominique
niedergelegt und Kerzen angezündet. Obwohl nur etwa 30 Personen
Dominique gedachten, tauchten nach einigen Minuten zwei Streifenwagen
auf, die einen Verantwortlichen für das Gedenken verlangten. Sie wurden
von der Einheit der Versammelten abgewiesen, so dass die Gedenkfeier
fortgesetzt werden konnte.
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Hintergrundinformationen zu Dominiques Tod

Ein Kioskbesitzer hatte die Polizei benachrichtigt, weil Dominique mit
einem Messer vor seinem Kioskfenster stand. Als der erste
Funkstreifenwagen besetzt mit drei Beamten eintraf, war die Situation
nach deren eigenen Angaben nicht bedrohlich. Aus bisher ungeklärten
Gründen eskalierte die Situation, ein Polizist tötete Dominique mit zwei
schnell hintereinander abgegebenen Schüssen, die ihn ins Bein und ins
Herz trafen. Das gegen den Todesschützen eingeleitete
Ermittlungsverfahren wurde von der Dortmunder Staatsanwaltschaft wegen
angeblicher Notwehr eingestellt. Notwehr? Obwohl nach übereinstimmenden
Aussagen aller ZeugInnen der Abstand zwischen dem Todesschützen und
Dominique mehrere Meter betrug. Dominiques Schwester hat Anwälte
beauftragt, gegen die Einstellung des Verfahrens Beschwerde bei der
Staatsanwaltschaft einzulegen und forderte gemeinsam mit ihnen auf einer
Pressekonferenz am 10.10.2006 die sofortige Anklageerhebung wegen "eines
vorsätzlichen Tötungsdelikts". Inzwischen hat nicht nur die Dortmunder
Staatsanwaltschaft, sondern auch die Oberstaatsanwaltschaft in Hamm den
Fall abgeschlossen. Die Familie und die Anwälte wollen ein Verfahren
erzwingen.

Um Dominiques seelischen Zustand und die vieler anderer Kinder zu
verstehen, muss mensch die systematische Zerstörung des Lebens durch die
bundesdeutsche Politik gegenüber Flüchtlingen verstehen und begreifen,
und zwar nicht theoretisch, sondern praktisch. Jeder und jedem sei
geraten, in die nächste Flüchtlingsunterkunft zu gehen und sich ein Bild
vom Leben dort zu machen, um sich zu vergegenwärtigen, wie die Mühlen
des Systems die Menschen in Depression und seelischen Ruin treiben. Die
Jahre im Asylverfahren wirken sich besonders nachhaltig auf die Psyche
der Kinder und Jugendliche aus. Viele werden durch das Leben in Lager
oder Flüchtlingsunterkünften traumatisiert und depressiv. Dies zeigen
Untersuchungen aus Skandinavien und unsere Erfahrungen in unseren
Umgebungen.
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